Dirk Dähnhardt und Gerhard Granier: Kapp-Putsch, S. 13:
Über die Vorgänge am "blutigen Donnerstag":
"... glaubten die Arbeiter immer noch die Militärdiktatur
beseitigen zu müssen."
Gerhard Granier: : Magnus von Levetzow, S. 71 f.:
Granier kommt zu dem Schluss, v. Trotha habe versucht neutral
zu bleiben, dabei jedoch eine Formulierung für seine nachgeordneten
Dienststellen gewählt, die kaum anders als eine Parteinahme
für Kapp aufgefasst werden konnte. Für dieses Lavieren
trüge Noske ein Großteil der Verantwortung , weil er
den Chef der Admiralität bei der überstürzten Flucht
aus Berlin ohne klare Verhaltensregeln zurückgelassen habe.
Dieser habe dann die Formel, die man schon während der Novemberrevolution
1918 entwickelt habe, für seine Anweisung an seine Untergebenen
gewählt: Man müsse sich zur Verfügung stellen -
sprich: weiter Dienst tun "innerlich widerstrebend" . Damit habe
Trotha versucht, die Marine ohne erneute Zerreisprobe durch die
Ereignisse zu steuern.
Diskussion dieser Einschätzung
>>
Martin Göllnitz, Knut-Hinrik Kollex, Thomas Wegener Friis:
Blandt revolutionaere og "rigsfjender" i Slesvig-Holsten 1917-1920.
In: Arbejderhistorie nr. 2 2017, S. 126-149, hier S. 142:
"Dele af byens arbejdere følte sig kaldet til at gøre op med resterne
af militaerfolkene (Teile der Arbeiter in der Stadt fühlten
sich berufen, mit den übrig gebliebenen Militärs abzurechnen)."
Klaus Kuhl:
Levetzow rief zum Kampf gegen den "Bolschewismus" auf, versuchte
aber mit allen verfügbaren Kräften das Gewerkschaftshaus
zu besetzen. Je unhaltbarer seine Lage wurde, umso mehr verlegte
er sich auf eine militärische Machtdemonstration. Dies passt
gut zu Graniers detaillierter Studie über Levetzow: Er kam
zu dem Schluss, es handele sich bei Levetzow um einen Katastrophenstrategen,
der nur blindes Anrennen kenne und der zu weitsichtigem Denken
nicht fähig wäre. Levetzow wollte sich durch seinen
Verzweiflungscoup erneut als Haudegen darstellen, er galt als
energische Führerpersönlichkeit. Eine Besetzung des
Gewerkschaftshauses wäre ein Achtungserfolg für Levetzow
und gleichzeitig eine Demütigung für die Verteidiger
der Republik gewesen. Die Kieler Arbeiterschaft musste sich gegen
die vorrückenden Truppen verteidigen. Eine gewisse Mitschuld
der Arbeiterschaft an den Ereignissen lag darin, dass es ihr nur
bedingt gelang, Ausschreitungen aus ihrer Mitte zu unterbinden.
Ausführliche Einschätzung >>
Martin Rackwitz: Kiel 1918. Kiel 2018, S. 256.
Aber auch er ["Volksoffizier" Leutnant zur See Carl von Seydlitz]
wurde schon im Mai 1920 vom neuen Reichswehrminister Otto Geßler
abgesetzt, und die am 23. März entlassenen Offiziere kehrten
in ihre alten Verwendungen zurück. Die Chance für eine
Reform und Demokratisierung der Reichswehr, wie sie nach dem gescheiterten
Kapp-Lüttwitz-Putsch bestanden hätte, wurde nicht genutzt.
Die Reichswehr blieb in ihrer Struktur antirepublikanisch und
bildete einen Staat im Staate, der sich der Kontrolle durch die
Regierung entzog.
Stand: 28.9.2020